Harro Kiendl
Entpflichtet vom Alltagsgeschäft – aber freiwillig voller Tat: Nach der Emeritierung habe ich zunächst weiter Vorlesungen gehalten sowie Promotionsarbeiten und ein DFG-Projekt betreut. Als der Lehrstuhl dann durch Professor Dr.-Ing. Torsten Bertram wieder besetzt war, habe ich mich aus der aktiven Arbeit zurückgezogen. Umso interessanter sind meine gelegentlichen Besuche, bei denen ich mich mit meinem Nachfolger fachlich austauschen kann – aber auch persönlich. So initiierte er 2015 anlässlich seines zehnjährigen Dienstjubiläums ein kleines Frage-Antwort-Spiel zwischen Professor Dr. Frank Hoffmann, der an seinem Lehrstuhl im Bereich der Computational Intelligence besonders intensiv tätig ist, und mir:
Ich sage es mal so: Wer Gold fördern will, muss zunächst nach einer lohnenden Stelle suchen und dann muss er graben. Das Graben geht bei mir oft effizient und schnell.
Na ja, beim Suchen nach bildlichen Goldadern bin ich oft extrem gründlich und deshalb langsamer, als ich möchte. Zum Beispiel habe ich meinem beruflichen Werdegang – unnötig – breit angelegt: In Hamburg habe ich ab 1955 Mathematik studiert, Physik, Biologie, Philosophie und Pädagogik und dann habe ich noch ein halbes Jahr Arbeit in der Industrie eingeschoben, bis ich endlich in Berlin über die kybernetische Pädagogik 1967 zur Regelungstechnik fand. Nur fünfeinhalb Jahre später wurde ich dann allerdings auf den gerade gegründeten Lehrstuhl für „Elektrische Steuerung und Regelung“ an der Universität Dortmund berufen, dem Vorgänger der „Regelungssystemtechnik“ an der heutigen Technischen Universität Dortmund.
Dort, wo auch meine Freunde wohnen.
Dass ich mit ihnen auch über unausgegorene Gedanken reden kann.
Sich neue Problemlösungen auszudenken und zu erfahren, dass sie akzeptiert werden – von Studenten, Kollegen, Industrievertretern oder auch vom Patentamt.
Auf Madeira: Mir gefallen die malerische Landschaft, die Menschen und ihre Küche und die Allgegenwart berühmter historischer und geistiger Gestalten wie Christoph Kolumbus, Winston Churchill und George Bernard Shaw. Von dem hängt übrigens ein sehr ansprechendes Foto in einem dortigen Hotel, das den sonst eher zurückhaltenden Schreiber beim hingebungsvollen Tangotanzen zeigt.
Dem Meer bin ich treu geblieben. Inzwischen legen meine Frau und ich aber Wert darauf, dass die Anreise möglichst bequem ist. Deswegen liegt jetzt die Nordsee im Fokus – wieder, muss ich sagen: Auf Sylt haben wir uns vor etwa 50 Jahren kennengelernt.
Am liebsten Wein, am häufigsten aber alkoholfreies Weizenbier.
Mit Denis Diderot. Ich würde ihn fragen, ob er tatsächlich Hoffnung hat, dass sich seine mutigen, aufklärerischen Gedanken eines Tages wirklich durchsetzen.
Richard Dawkins Theorie der Meme. Sie schafft einen Zugang, gesellschaftliche Phänomene wie das Verhalten politischer oder religiöser Gruppierungen zu verstehen – und das frei von jeder Ideologie.
Aphorismen zur Lebensweisheit von Arthur Schopenhauer.
Goldrausch von und mit Charlie Chaplin. Dieser Film erschüttert mich mit seiner Komik und Tragik immer wieder.
Michail Gorbatschow. Er hat unbeeinflusst von möglichen Folgen für sich selbst, das getan, was er für richtig hielt und damit eine neue Epoche ermöglicht.
Charles Darwins Evolutionstheorie. Sie führt das große Rätsel nach der Entstehung der gesamten lebendigen Welt auf eine überschaubarere – vielleicht irgendwann lösbare – Frage zurück: Wie ist die sogenannte „Ursuppe“ entstanden – der Nährboden für die biologische Evolution?
Albert Einstein.
Zum Ende meiner Schulzeit erwog ich – das andere Ufer erscheint ja manchmal als grüner – mein Hobby Malen zum Beruf zu machen. Dann verriet mir ein Dozent der Kunsthochschule im Vorstellungsgespräch, dass er sich als Hobby mit Mathematik befasse, weil er in der Malerei verbindliche Qualitätsmaßstäbe vermisse. Daraufhin habe ich die Kunstidee als Beruf verworfen.
Ich räume das Archiv meiner vielen, nur zu Skizzen gediehenen Ideen auf und male mit Pinsel und Farbe oder – unterstützt durch Algorithmen – am Computer.
„Schauen wir mal …“. Je nach Situation halte ich mich – wie die Bergleute – auch an
„Vor dem Hammer ist es immer dunkel“. Und wenn sonst nichts hilft: „Palim, Palim!“